Von Henning Lühr:
Hier und da waren ja vorab schon einige Bedenken zu vernehmen, dass der Wasserturm zu Salbke vielleicht doch für Teile des geneigten Publikums zu abgelegen sei. Spätestens mit dem dritten, vorerst letzten Vorausscheid des Talentverstärkers haben sich diese jedoch ganz und gar als unbegründet erwiesen.
Zur Primetime war der Saal ein weiteres Mal voll. Das ist prima und darf ruhig als Wertschätzung gegenüber den teilnehmenden Musikern gewertet werden. Und die waren meiner Einschätzung nach durchaus zufrieden. Anders ging es da (nur) vereinzelten Fans, die sich in den Entscheidungen des Abends nicht wiederfinden konnten. Ich vermute, daran änderte sich auch nach der dann folgenden (polemischen) Enttäuschungsdiskussion und Versuchen der Erklärung nicht so wirklich etwas. Aber wie wiederholt gesagt, Musikkritik ist zum Teil auch subjektiv, warum soll es gerade den Fans da anders gehen als uns.
Im Finale wird es auch wie in den Vorjahren sowohl einen Jurygewinner geben als auch einen Publikumsliebling. Neben dem Publikum wird in dessen Kür zum Teil auch ein Voting via Facebook eingehen. Aber in den vergangenen Jahren hat sich erstaunlich oft gezeigt, dass hierbei nicht schnöde die Stimmenaktivierungsweltmeister durchmarschierten, sondern sich eine durchaus nahe Schnittmenge ergab. Auch die jeweiligen Entscheidungen dieses dritten Vorausscheides waren gar nicht so weit von einander entfernt.
Für einen der Finalplätze auf der Factory- Bühne hat sich die Jury zugunsten von Hannah Elisa entscheiden. Songs und Interpretin haben die Bühne beeindruckend gut ausgefüllt. So wie sich Hannah Elisa ihre gefühlvollen Songs von der Seele gesungen hat, wickelte die 17jährige ihre Zuhörer nicht aufdringlich und laut, sondern subtil und leise um den Finger. Erfreulicherweise ließ sie sich dabei nicht von einigen Small-Tlalkern beeindrucken, die bei den eher leisen Songs nun einmal (nicht nur) gefühlt immer lauter wurden. Es war schon erstaunlich, wie erwachsen zum Beispiel der Schluss- Song („never ending story“) rüber kamen. Mit Ihren Ansagen zwischen den Songs tat sie sich dagegen etwas schwer. Die sind meines Erachtens aber auch gar nicht nötig. Die Songs sprechen eh für sich, das muss Hannah sich nicht zwingend antun.
Hey ho, let’s go mit knackigen 3-Minuten Songs. Die Rusty Balls mochte ich für ihre coole Bühnenpräsenz, ihre Texte und Attitüde. Ich sag’s ja immer schon, style never goes out of style. Die Songs hatten das genau richtige Maß an Bissig- und Rotzigkeit ohne übertrieben juvenil oder gar peinlich zu sein. Mit ihrem schnörkellosen, ehrlichen und melodischen Punkrock haben einem die Jungs dick und fett unter die Nase gerieben, dass Musik nicht zwingend vielen Lamettas bedarf. Punkt und aus. Weitere Worte sind da nicht vonnöten.
Elkaar konnten langsam, schnell, schneller und vor allem laut und dreckig. Man hörte und spürte auch körperlich die Leidenschaft, mit der hier zu Werke gegangen wurde. Die Songs traten dem geneigten Hörer ordentlich in den Allerwertesten. Das war schon arg beeindruckend und angenehm unfiligran und unpoliert. Dennoch gab es im Gesamtgefüge reichlich Dynamik und so einige Details zu entdecken. Ein energischer und kraftvoller Abschluss dieses Abends, direkt auf die Zwölf. Sehr cool, sehr souverän.
Kaleidoskop spielten sich recht stringent und äußerst energetisch, sowie durchaus zwingend und packend durch die Koordinaten Blues, Psych und Stoner Rock ohne dabei den oftmals genretypischen Vorschlaghammer heraus zu holen. Das wirkte nicht abgegriffen, im Gegenteil, das sprühte vor Vitalität. Das hat mir gefallen und hinterließ warme Ohren. Hier und da gab es jedoch hörbare technische Probleme, deren Ursache ich mir nicht erklären konnte, aussagegemäß waren diese nicht vom „FoH“ aus zu verorten. Dass Bassspiel ist mir dagegen in besonders guter Erinnerung geblieben. Im Ergebnis hat sich die Band auch innerhalb der Jury einige Freunde gemacht. Vielen Dank, Kaleidoskop.
Antje und Marcus alias Handgemacht sind ursprünglich in den Vorausscheid nachgerückt. Von einer Position als etwaiger Lückenfüller kann aber mitnichten die Rede sein. Bestimmt aber waren die beiden im Talentverstärker- Kontext ziemliche Paradiesvögel. Ob der diesjährigen Rock- Dominanz desselben stilistisch schon allemal. Auch textlich, allein das Loblied auf Colbitz war ein Aufhorcher und steht nicht gerade für Rockismus und dessen textliches Formenrepertoire ☺ . Es war der erste Auftritt der beiden als Duo. Etwaige Schüchternheit war ihnen keineswegs anzumerken. Die beiden hatten enorm viel Spaß und konnten diesen dem Publikum mühelos vermitteln, der Funken sprang jedenfalls schnell über. Die beiden bleiben dabei, da habe ich keine Sorge.