Von Henning Lühr:
Im Kontext des Talentverstärkers mag ich das „sie setzten sich gegen XY durch“ so gar nicht. Und mit der Bezeichnung „Award“ oder eben „Würdigung“ fühle ich mich auch viel besser als etwa „Wettbewerb“. Was hier so klingt, als wolle ich mir selbst den Pelz waschen, ohne mich dabei nass zu machen, ist mir aber ernst. Es ist mir keine unserer Jury- Entscheidungen erinnerlich, die sich gegen eine teilnehmende Band richtete sondern regelmäßig für eine solche. Das ist keine Wortklauberei. Anderseits hätten wir uns wohl lieber um einen Kampfrichterposten auf heimischen Sportplätzen bemüht. Deren Entscheidungen dürften in der Regel einfacher ausfallen. Die Wahrnehmung und Bewertung von Künstlern und deren Kunst bleibt zumindest für einen Teil dann doch recht subjektiv. Und da lob ich mir die die in diesem Sinne bunte Zusammensetzung der Juroren, die jeweils eine eigene Sicht in die Entscheidung mit einbringen.
Das alles ist mir gerade wieder im ersten Vorausscheid des SWM Talentverstärkers am vergangenen Freitag bewusst geworden. Natürlich waren Danny Priebe und seine Jungs einer Band wie Weltengang nicht unterlegen. Dafür spielen die erstgenannten Herren im Vergleich definitiv in einer anderen Liga, sowohl musikhandwerklich als auch als Songschreiber. Sowohl als auch ohne Tadel. Und wer wäre ich, wenn ich meinte, die Danny Priebe Band handwerklich kritisieren zu wollen, geschweige denn, dass ich es überhaupt könnte. Der Punkt ist, dass die Band ist in vielerlei Hinsicht eine fertige ist. Wir haben hier letztendlich kaum noch eine Möglichkeit gesehen, die Musiker im Sinne des Talentverstärkers zu fördern. Daher haben wir uns stattdessen für eine jüngere (nicht entscheidend) Band entschieden, die da mehr „Angriffsfläche“ bot.
Diese Band heißt Weltengang und hat uns mit ihrem, angesichts ihres ersten Auftritts überhaupt, besonders souveränen Auftritt für sich eingenommen. Die im anschließenden Gespräch selbst recht überraschte und ungemein sympathische Band hat wirklich erstaunlich gute Unterhaltung geboten, ohne dass sich das in bloßer Clownerie verlor. Wir haben hier einiges an Talent gesehen, dass sich zu verstärken lohnt. Und da die Band nun wirklich am Anfang steht und einen durchaus harmonischen Eindruck macht, sehe ich auch keine Gefahr, dass sie sich in Zukunft noch deutlicher für das entscheiden werden, was sie wirklich wollen oder zumindest was nicht. Ich bin gespannt.
Auf das Wiederhören und -sehen mit der Halbe(n) Katze hatte ich mich gefreut. Die anfängliche Ankündigung, dass es laut werden würde, habe ich ehrlich gesagt nicht sonderlich ernst genommen. Unprätentiös ging es dann auch gleich los mit einem tollen Stück Schrammel-Lo-Fi-Pop mit charmantem deutschen Text und Gesang Josis. Bald ging es dann aber tatsächlich ordentlich lauter und kantiger zur Sache. In der Folge dominierte dann das Schlagzeug den Vortrag der Band. Unstreitig soll dabei sein, dass Schlagzeuger Hans ein guter ist. Die akustische Dominanz des Schlagwerks jedoch tat meines Erachtens an diesem Abend den Songs nicht sehr gut. Phasenweise war nur dieses zu hören, Josi und ihre Songs traten dann zwangsläufig nicht nur akustisch in den Hintergrund. Das fand ich schade, denn da war einiges tolles rauszuhören.
Mit Fatbam traten einige bekannte Gesichter auf die Bühne, in dieser Konstellation so jedoch erstmalig und noch nicht gehört. Das Set der Band war ein äußerst körperliches und humorvolles. Shoegazing ist etwas anders. Es gab dann auch nahezu durchgängig auf die Zwölf. Die, wie mir wiederholt glaubhaft versichert wurde, aus viel Herzblut und Humor geborenen Texte habe ich ob des energischen und lauten Vortrags nicht so gut verstehen können, wie sie es sicherlich verdient gehabt hätten. Die Songs und der ganze Auftritt haben mir gefallen. Im Eifer des musikalischen Gefechtes jedoch spielten und sangen die Jungs hier und da gegen- statt miteinander. Das erwies sich dann letztendlich als das Haar in der Suppe.
Ein solches im Set von AnSpielung zu suchen, fiele schwer, wenn ich denn suchen wollte. Ich war gespannt, ob die Band trotz der personellen Veränderungen einfach da weiter machen würde, wo sie beim Finale des Talentverstärkers 2015 aufgehört hat. Pustekuchen, trotz der zwar bekannten und geschätzten stilistischen Vielfalt, haben sie Publikum und Jury mit ihren neuen überzeugenden Arrangements überrascht. Vor zwei Jahren noch habe ich an gleicher Stelle geargwöhnt, „dass die Arrangements manchmal zu viel wollen, die eine oder andere Wendung zu viel nehmen, sich dem Hörer etwas entziehen, wenn sie gerade drohen, im Ohr hängen zu bleiben.“ Hinter solcherlei Befürchtungen können wir heuer schon einmal einen ganz dicken Haken machen. Ein äußerst schniekes Set zwischen Weltmusik, Offbeat, Rock und Soul. Tolle Songs fürs Herze und die Beine. Durchweg souverän von der Stimme bis hin zur Bläsersektion.