Von Henning Lühr:
Allenthalben wurde und wird dieser dritte Vorausscheid gelobt. Dem mag ich mich kritiklos anschließen. Ein mitreißender abwechslungsreicher Abend, mit tollen Bands und einem feierwütigen Publikum. Gevatter Zufall hat sich mit der Auslosung dieses Line-ups als echter Zeremonienmeister erwiesen. Im Ergebnis des hohen Abwechslungs- und Unterhaltungsfaktors war dem ganzen Abend der Wettbewerbscharakter kaum anzumerken. Stattdessen dominierten Spaß und Freude.
Ein Beispiel dafür war die Party bei der letzten Band des Abends, Kelso Lane. Selten habe ich in der Vergangenheit beim Contest solch ein Finale erlebt. Der Saal tanzte, gute Laune allenthalben und irgendwie machte sich eine Zufriedenheit und Entspanntheit Raum, die nicht unbedingt zu erwarten war. Wahrscheinlich wird sich mancher in den Allerwertesten gebissen haben, so er denn zu diesem Zeitpunkt schon sein Kreuzchen gemacht hatte. Klar, einmal vom Off-Beat gepackt, lässt der einen schwerlich wieder los, gerade dann wenn er als solch ein I-Tüpfelchen dem Abend die Krone aufsetzt. Am Beat allein lag es jedoch mitnichten. In Kombination mit schlauen deutschen Texten, eingängigen Refrains und einer super entspannten, souveränen und spielsicheren Performance war das ganz groß. Ich war schwer beeindruckt.
Dennoch blieben Berlin Syndrome für mich der Höhepunkt des Abends. Schon allein des Überraschungsmomentes wegen. Auch wenn ich hier und da meinte, festzustellen zu können, dass es beim Zusammenspiel auch mal hakte, war das ganz großes Spektakel. Drama Galore. Songs von dunkler, dezenter Eleganz mit subtil kitzelnden Melodien und dem Zeug zu bedrückender Schönheit. Gemalt in Schwarz und Grau, mit ein wenig Weiss als Kontrastmittel. Die Gitarren flirrten und schwirrten mal beruhigend mal lauernd durch die Markthalle. Dieser Mix aus elegischem Post-Rock, sparsam instrumentiertem Indie, dezentem Shoegazer-Sound, alles geschult am britischen Understatement, zusammen mit Graemes sonorem tiefgestimmten Gesang (auch und besonders in Kombination mit Ennas Gastbeitrag) zog mich schnell in seinen Bann. Und wer Augen hatte, zu sehen, der durfte feststellen, dass dies vielen im Saal so ging. Die Band beschränkte sich auf das Wesentliche und schaffte damit eine Punktlandung. Thumbs up!
Bereits im Vorjahr habe ich die Band Declaimers für ihre immer wieder aufblitzenden starken Melodien und markanten Riffs gemocht. Auch wenn ich damit nerven sollte, das ist für mich Power Pop. Und zwar in der Art als man diesen Begriff noch als Euphemismus für Punk-Bands benutzte, die ihre Liebe für den Pop entdeckten. Insbesondere die beiden letzten Songs haben mich gepackt. Die hatten es fürwahr in sich. Alles in allem haben die Jungs und Sängerin Nicole im Vergleich zum Vorjahr eine ordentliche Schippe draufgelegt und wirkten wesentlich sicherer. Auch wenn die beiden erstgenannten Bands den Abend nachhaltiger prägten: Immer wieder gerne die Declaimers, es hat Spaß gemacht.
Genauso wie mit Reena. Wenn ihnen der Ruf vorauseilte, sie seien leise, laut und intensiv ist dies wahrhaftig nicht in Frage zu stellen. Denn genau diese Bandbreite präsentierte die Band an diesem Abend. Ein beeindruckend spielsicheres Set. Ganz weit vorn, sehr sauber, sehr gut. Enorm viele Ideen, sehr progressiv und mit einem sicheren Sinn für Details. Die eine oder andere Hookline täte den Songs für mein dafürhalten jedoch ganz gut. So dass diese auch ein solcher wirken können und nachhaltiger im Ohr hängen bleiben. Das mag eine recht subjektive Kritik sein. Aber letztendlich ist diese das ja doch fast immer. Danke Reena.
Fallen to Rise waren die TalentVerstärker-Eleven des Abends und ein weiteres Beispiel dafür, dass dieser Wettbewerb seine Berechtigung hat. Und ich denke, dass die Band dies auch so sieht. Es war dem Vernehmen nach der erste Auftritt der Band, die Aufregung war demnach allgemein und auch nicht ganz zu verbergen. Dennoch hatten Band und Publikum enorm viel Spaß. Wobei bei letzterem, so denn der Band schon vorab verbunden, sicherlich die Aufregung nicht viel geringer war. Eine äußerst sympathische Band, die einiges zu bieten hatte. Das dies noch nicht ausgereift genug war, liegt angesichts der jungen Jahre und fehlender Bühnenerfahrung wohl in der Natur der Sache. Dennoch haben auch Fallen to Rise zu diesem tollen Abend ihr Scherflein beigetragen und waren alles andere als Statisten. Chapeau!
Von Maxim Chubarov:
Nun stehen die sechs Finalisten fest. Drei Spannende Wochen liegen hinter uns. Drei abwechslungsreiche Vorausscheide durften wir, und natürlich auch ihr, in der Sudenburger Markthalle erleben. Als Jury-Mitglied des unabhängigen Musikmagazins Pop10 nutze ich diesen Blog, um meine persönlichen Eindrücke, Kritik und Lob mitzuteilen. Mich erreichte schon die eine oder andere neugierige Mail, nun versuche ich den Wissensdurst der Teilnehmer und Angehörigen zu stillen. Ich bedanke mich schon mal im Vorfeld für eure Meinungen, Kommentare und das Interesse auf unseren Internet-Plattformen.
Die letzte Runde des SWM TalentVerstärker vor dem Finale brachte viele Erwartungen mit sich. Dass ich einigen Bands des Abends eine Favoritenrolle zugeschrieben habe, lässt sich für die fleißigen Blog-Leser unter euch nicht verheimlichen, dennoch ließ ich mich auf jede Performance mit besonderer Vorfreude ein.
Zunächst was Allgemeines: Das war eine sehr starke dritte Runde! Wie auch schon andere Jury-Mitglieder es auf unterschiedliche Art und Weise ausgedrückt haben, habe auch ich bei jeder Band ausnahmslos Spaß gehabt, zuzuhören und gleichzeitig auch den Anschein, der Spaß sei ganz auf der Seite der teilnehmenden Bands. Unabhängig von der Jury-Entscheidung verließ ich die Sudenburger Markthalle mit einem positiven Gefühl und unabhängig meiner Jury-Rolle wurde ich, wie wohl die zahlreichen Besucher, von jeder einzelnen Band gut unterhalten. Vielen Dank für diese vielseitigen Beiträge, doch nun gehen wir mal mehr ins Detail:
Eine interessante Mischung boten irgendwo zwischen Highschool- und Alternative-Rock Fallen to Rise. Die mit Abstand jüngsten Teilnehmer des Abends eröffneten das Band-Battle. Trotz der rhythmischen Unsicherheiten konnte ich durchaus die eine oder andere interessante Song-Idee erahnen. Der Support der Fans ließ die leichte Aufregung schwinden und katapultierte die Stimmung in der Halle ab dem ersten Song nach oben.
Im direkten Vergleich fiel die Entscheidung dann auf andere Bands, dennoch sollen sich Fallen to Rise dadurch nicht entmutigen lassen. Mit etwas Übung kann man die Rhythmik in den Griff bekommen, beim Gesang hätte ich mir noch ein bisschen Abwechslung gewünscht. Hier hatte ich zu sehr das Gefühl, dass Sängerin Julia um die selben Töne „herumsingt“. Trotzdem ein toller Auftakt und ein guter Auftritt.
Reena schufen den Kontrast. Kein Wunder, denn die vier Magdeburger sind keine Unbekannten. Bereits als Spoon Drive traten diese in den vergangen Jahren beim Wettbewerb an. Souverän präsentieren sich die Vier auf der Bühne. Man hört, dass sie bereits genau wissen, wie sie von der Seite klingen und, dass der ein oder andere Studiobesuch hinter ihnen liegt. An der technischen Performance und an ihrer Ausstrahlung hab ich nichts zu meckern, zweifelsohne beherrschen die Jungs ihr Handwerk aus dem Effeff.
Die größten Schwierigkeiten sah ich im Songwriting. Jeder Song beinhaltete zwar die eine oder andere gute Idee, jedoch hörte ich darüber hinaus kein großes Ganzes. Mir fehlte es an Spannung und klarer Durchsetzung einer definierten Melodie. So behielt ich nach dem Auftritt keinen Song im Kopf. Trotz allem habe ich gern zugehört und bedanke mich auch für diesen Auftritt.
Vermutlich die Überraschung des Abends lieferten Berlin Syndrome. Was man hier zu sehen bekommen hat, war eine über den Wettbewerb hinausgewachsene Performance. Diese international besetzte Kombo hat es neben der musikalischen Abgrenzung auch geschafft, sich über ihre Bühnenwirkung im Vorfeld Gedanken zu machen. Mit Nebel und eingespieltem Auftaktsampler schufen die Jungs bereits eine Stimmung im Raum, noch bevor es überhaupt richtig losging.
Beim ersten Song muss ich zugeben, dass ich noch nicht ganz bei der Sache war und mich noch zu sehr von dem Erscheinungsbild der Mitglieder und der allgemeinen Bühnenpräsenz ablenken lassen habe. Ab dem zweiten Song ließ ich mich catchen. Der dezent eingesetzte zweistimmige Gesang von der Gast-Sängerin Enna Blum passte nur zu perfekt zum Gesamtbild. Gern hätte ich dieses Element mehr gehört. Insgesamt bewegt sich die Band auf einem hohen Niveau mit klaren Einflüssen von XX bis Foals. Viel kritisieren möchte ich auch nicht, da die Jungs in ihrer Eigenheit bleiben sollen, wie sie es sind. Über die kleinen Verspieler konnte man hinweghören. Eventuell könnte der Frontsänger mehr Ruhe reinbringen, indem er sich mehr auf die Musik fixiert, aber auch hier würde ich mich mit dieser Kritik zurückhalten, denn an der Musikalität der jungen Band, die ihren ersten Auftritt an diesem Abend feierte, habe ich wirklich nichts auszusetzen. Ich bin sehr gespannt auf das Finale und gratuliere den Publikumsgewinnern von Herzen.
Declaimers wollten es nochmal wissen und versuchten auch in diesem Jahr, ihr Können unter Beweis zu stellen. Ich erinnere mich noch gut an den Auftritt im letzten Jahr beim Vorausscheid im Projekt 7. Damals habe ich mich nicht wirklich als Fan dieser Band ausgesprochen und habe nicht viele Hoffnungen in diese Kombo gesetzt, war jedoch überrascht!
Tatsächlich ließ ich mich doch zu einem Beinwippen durchringen. Declaimers brachten schöne Melodien und eine ansteckende gute Laune ins Publikum. Hier sah ich eine Steigerung zum Auftritt im Vorjahr und ließ mich für die eine oder andere Songidee begeistern. Ungeachtet der Spielfreude waren die rhythmischen Stolpersteine nicht überhörbar und angesichts der Konkurrenz haben wir uns in der Jury für die folgende Band entschieden.
Mit Kelso Lane stand an diesem Abend eine geballte Kraft an Erfahrung und Spielsicherheit auf der Bühne. Die Teilnahme an dem Wettbewerb ist dabei für die Band schon eine Art Tradition. Mein allererster Besuch beim Finale im Jahr 2006 blieb mir mit Kelso Lane in Erinnerung. Für den Sieg hat es damals nicht gereicht. In einer geschrumpften Anzahl traten die Fünf anstatt der ursprünglichen acht angemeldeten Mitglieder und diesmal mit deutschen Texten beim Vorausscheid an.
Klar definierte Vocals und Songtexte mit Tiefe und Sinn heizten auch dem Publikum ein und haben ab dem ersten Beat die Mehrheit der Anwesenden zum Tanzen bewegt. Auf Anhieb schnappte das Publikum Parts auf und sang mit. Wie auch bei Berlin Syndrome stand ich mit vollem Grinsen da und konnte selbst kaum still halten. Dass der Sänger Martin das Banjo perfekt beherrscht, steht dabei außer Frage, auch wenn ich den Einsatz des Banjos (rein vom Klang) nicht unbedingt befürworten würde. Mich störten die hohen Frequenzen, die vermischt mit der Stimme von Sängerin Marlene in meinen Ohren etwas quietschend klangen. Auch an den Ansagen könnten die Jungs und Mädels ein bisschen sparen, auch wenn diese unterhaltend waren. Aber in der Kürze liegt ja bekanntlich …
Aber bei aller Kritik, sind das wohl Peanuts. Ich glaube alle, die da waren, würden mir zustimmen: Es war ein starker Auftritt. Und auch das im Backstage eingefundene Kollegium beschloss einstimmig – auf diese Band dürfen wir im Finale nicht verzichten. Den betitelten „Vermieter“-Song singe ich immer noch vor mich hin.
Kelso Lane sorgten für Gänsehautmomente. Im direkten Vergleich mit dem Publikumsgewinner Berlin Syndrome kann ich nicht wirklich sagen, wer mein Favorit an diesem Abend war. Fakt ist: ich bin Fan von beiden Finalbands und bin umso gespannter mit Ausblick auf den 10. Mai in der Factory. Möge die bessere Perfomance gewinnen.
Jetzt seid ihr dran. Wer gewinnt das Finale? Wer hat euch am meisten überzeugt? Würdet ihr mir zustimmen oder seht ihr das komplett anders? Schreibt es in die Kommentare!