Von Henning Lühr:
Wenn auch spät, möchte ich auch zum dritten und äußerst unterhaltsamen Vorausscheid gern noch ein paar Worte loswerden.
Fusion von Rock/Pop- und Jazzmusik, von Raffinesse und Kraft. Mit dieser stilistischen Alleinstellung fielen AnSpielung schon einmal grundsätzlich im diesjährigen Wettbewerb aus dem Rahmen. Da das allein für ein Finalticket nicht ausreicht, haben die fünf jungen Musiker das zusätzlich mit enormer Spielfreude, handwerklicher Finesse, komplexem Sound und anspruchsvollem Arrangements unterstrichen. Damit fanden sie nicht nur bei uns in der Jury sondern auch beim Publikum Gefallen.
Anders als vielleicht beim Jazz der reinen Lehre spielten alle Musiker eine gleichberechtigte Rolle. Und diese jede(r) für sich mit Esprit und Nachdruck. Bei allem Esprit war das hier aber keine leichte Kost im herkömmlichen Sinne. Hier legte sich nichts einfach nur schnell über die Rezeptoren und folgte nicht irgendeiner dem Genre und den komplexen Arrangements „geschuldeten“ Gesetzmäßigkeit, sondern hatte durchaus Seele. Die Songs ergaben sich dabei aber nicht freiwillig. Für mein Dafürhalten wäre hier und da jedoch etwas weniger das berühmte „mehr“. Mein letztendlich ganz subjektiver Eindruck war, dass die Arrangements manchmal zu viel wollen, die eine oder andere Wendung zu viel nehmen, sich dem Hörer etwas entziehen. Sie sollen sich selbigem ja gar nicht einfach so hingeben, aber vielleicht auch nicht gleich wieder entziehen, wenn sie gerade „drohen“, im Ohr hängen zu bleiben.
Fahrenheit passte die dicke Hose eigentlich ganz gut, auf die ihr Punkrock machte. Klassischer Street-Punk, etwas DTH-Pathos, ein paar Off-Beat-Takte und eine gut in die Texte verpackte Wut, die da augenscheinlich in den Herren kocht. Im Paket also mitreißend, straight und eingängig. Auf den Punkt, auf die Zwölf. Die Bühnepräsenz war angemessen kaltschnäuzig und legte ebenso wenig Wert auf unnötigen Firlefanz. Okay, die Genregrenzen sind eng gesteckt. Einen Fusion- Sound wird aber wohl auch niemand erwarten. Man muß ja nicht zwingend auch noch den Wolf und die sieben Geißlein kreuzen, um das Zeitgeist- Label zu erhaschen. Also kurzum, das Set hat mir viel Spaß gemacht und mich nicht weniger unterhalten, auch wenn ich im fortgeschrittenen Alter nicht zwingend jeden der eingängigen Refrains mitsingen oder gar mit ihnen identifizieren muss.
Unlängst erst haben sich die Jungs der Kickboard Drivers dem Vernehmen nach im wahrsten Sinne des Wortes die Finger blutig gespielt, ich habe Beweisbilder gesehen. Also welchen Grund hätte es da geben sollen, es dem Publikum leichter zu machen? Zwar floss im dritten Vorausscheid kein Blut, Gefangene haben die Herren mit ihrem druckvollen, ehrlichen und emotionalen Alternativrock aber keine gemacht. Gedankt hat man es ihnen folgerichtig mit einem deutlichem Publikumsvotum pro Trittbrettfahrer. Ihr am Hardcore (der ohne die nihilistische Note, den man auch mal Emocore nannte) geschulter Sound ist auf der Suche nach dem guten Popsong. Das war hör- und spürbar. Patrick war dabei stimmlich und körperlich stark präsent. Aber bitte, ich für meinen Teil möchte bei Ihnen keine Knicklichter mehr sehen. Das mag ja bei dem einen oder anderen gut ankommen aber Jungs, das passt weder zu Euch, noch zu Eurem Stil/Sound, der es eben nicht nötig hat sich anzubiedern. Der spricht längst für sich selbst. Und das tut er so eindrücklich dass man zuhört. Da bedarf es des Lamettas nicht.
Bill König alias Cast.Odes sind seit seinem ersten Contest- Teilnahme vor zwei Jahren hörbar nicht die Zähne ausgefallen. Seine Texte/Reime sind noch immer bissig bis explizit. Von den Instrumentals, die er für seine Tracks gebastelt hat, blieb dagegen zumindest bei mir nicht so sehr viel hängen. Als einziger Rapper des Abends hatte Bill es zusätzlich schwer. Um so mehr dürfte es auch ihn gefreut haben, dass das sich das dann doch aus der Pause bemühende Publikum durchaus zusammen mit ihm seinen Spaß hatte. Nicht wenig hilfreich war in diesem Zusammenhang sein doch recht souveräner Umgang mit der Situation. Das nötigte Respekt ab. Ansonsten bleibt zu resümieren, dass Bills Beitrag dem Wettbewerb gut tat, auch wenn es für eine Finalteilnahme nicht gereicht hat. Ich hoffe, er sieht es auch so.
Brain Funk aus Magdeburg hatten in meiner Wahrnehmung schon damit zu kämpfen, dass zu später Stunde die Latte bereits recht hoch hing. Dank ihres abwechslungsreichen Sets mussten sie sich aber überhaupt nicht verstecken, auch wenn ich ob der Instrumentierung anfangs überrascht wurde… Funk im Namen und dann kein Bass? Echte Überraschungen folgten dem dann aus meiner Sicht auch keine weiteren. Und ich betone, dass ich dies mitnichten geringschätzig gewertet wissen möchte. Zum einen bleibt es ein subjektiver Eindruck und zum anderen geht es ja hier nicht darum, das Rad neu zu erfinden. Im Gegenteil, ihr Pop/Rock war durchaus gefällig und souverän vorgetragen. Der direkte Vergleich sprach im Endergebnis für die gekürten Finalisten.
Von Jenny Reich:
Nun liegt auch schon wieder der dritte und letzte Vorausscheid des diesjährigen SWM TalentVerstärker hinter uns. Am vergangenen Samstag fanden sich fünf Bands aus fünf verschiedenen Genres in der Sudenburger Markthalle ein, um uns einen abwechslungsreichen musikalischen Abend zu bereiten. Von Hip Hop über Jazz-Rock bis hin zu Alternative Rock wurde dem Publikum eine große Auswahl geboten und lockte ca. 300 Besucher an. So bunt der Abend auch war, fielen die Entscheidungen doch sehr eindeutig.
Den Start machten die zwei Mädels und drei Jungs von AnSpielung aus Magdeburg, die erst seit Ende 2014 gemeinsam musizieren. Richtig gelesen, endlich hatten wir auch mal ein bisschen weibliches Potenzial auf der Bühne, haben wir doch sonst in diesem Jahr nur männliche Mitstreiter im Rampenlicht begutachtet. Insgesamt stellten sie mein Highlight des 3. Vorausscheids dar, denn mit mehr Stimmung hätte man nicht in den Abend starten können. Ich glaube es war selbst für den größten Bewegungsmuffel schwer, hier die Füße stillzuhalten. Positiv fiel mir auf, dass sie trotz anfänglicher Schüchternheit viele Worte an das Publikum richteten und somit immer sehr präsent auf der Bühne wirkten. Sie performten eine gute Mischung aus langsamen und schnellen Songs. Abwechslung pur, bei der kein Stück dem anderen ähnelte, eins blieb sogar komplett instrumental. Vor allem das Finale ihres Auftritts ließ sich sehen. Der Trompeter Ruben spielte gleich zwei Trompeten gleichzeitig und die Musik machte insgesamt einfach nur gute Laune. Aus all diesen Gründen entschieden wir uns als Jury dafür, AnSpielung ins Finale zu schicken. Hier gibt es viel Entwicklungspotenzial und die Jungs und Mädels haben richtig viel Lust, an sich zu arbeiten.
Bei der Band Fahrenheit aus Magdeburg, erwartete uns Punkrock mit deutschem Gesang. Seit 2010 sind die Jungs schon gemeinsam als Band unterwegs und spielen zahlreiche Gigs in den unterschiedlichsten Städten. Somit haben sie es schon mal über die Magdeburger Grenzen hinaus geschafft. Grundsätzlich machen sie musikalisch erstmal nichts gravierend falsch. Wie es eben so ist, klingt Punkrock immer wie, nun ja Punkrock halt. Nicht, dass ich Punkrock nicht mag, aber man kann es immer mit den Ärzten oder den Toten Hosen vergleichen. Und jeder Song klingt eben sehr ähnlich. Mir fehlte hier einfach die Abwechslung oder eben ein kleines Highlight. Bei der ausgewogenen Konkurrenz des Abends, die uns mit besonderen Auftritten flashte, reichte es für Fahrenheit leider einfach nicht für den Einzug ins Finale.
Stimmungsvollen Alternative Rock brachten die Jungs von den Kickboard Drivers aus Magdeburg auf die Bühne der Sudenburger Markthalle. Einigen sind sie vielleicht schon bekannt, denn sie standen schon einmal im Jahr 2012 im Finale des SWM Bandcontests, der damals noch SWM MusiCids hieß. Seitdem hat sich jedoch einiges getan, so veränderten zum Beispiel ein bisschen ihren Sound. Ging es doch sehr rockig zu, gab es auch eine emotionale Ballade, die mir persönlich am besten gefiel. Insgesamt sorgten sie für eine ausgelassene Stimmung vor der Bühne und haben wohl auch den einen oder anderen Fan dazugewonnen. Sie wirkten sogar so präsent, dass ich sie mir locker in einem ausverkauften Stadion vorstellen kann. Sehr sympathisch finde ich es ja sowieso immer, wenn man den Künstlern anmerkt, dass sie gerade richtig viel Spaß auf der Bühne und vor allem Bock auf ihre eigene Musik haben. Man kann sich die Jungs sogar mit nach Haus nehmen, denn es gibt schon ein paar Aufnahmen von ihnen. Nach all meinen lobenden Worten sollte es nicht wundern, dass die Kickboard Drivers mit großem Abstand die meisten Stimmen des Publikums erhaschen konnten und somit die zweite Band des Abends sind, die ins Finale einziehen darf.
Weiter ging es mit deutschem Rap von Cast.Odes aus Wahlitz. Auch er ist ein bekanntes Gesicht des SWM TalentVerstärker, nahm er doch in einem der vergangenen Jahre schon einmal teil. Anders als man vielleicht bei diesem Genre erwartet, kam er ordentlich gekleidet im zugeknöpften hellblauen Hemd auf die Bühne. Nach einem so starken Auftritt der Kickboard Drivers hätte es wohl jeder schwer gehabt das Publikum zu begeistern, so füllte sich der Saal nach der kleinen „Umbau- und Raucherpause“ nur langsam wieder. Doch er machte sich nichts daraus und animierte das Publikum immer wieder, womit er sehr viel Mut und Selbstvertrauen bewies. Er brachte die Besucher sogar dazu, bei einem Song eine Zeile immer wieder mitzurappen. Dafür meinen größten Respekt! Leider konnte er am Ende einfach nicht mit den anderen Bands mithalten.
Denkt man beim Lesen des Bandnamens doch eher an eine Band, die Funkmusik macht, so erwartet einen bei Brain Funk aus Magdeburg etwas ganz anderes, nämlich Poprock. Sie selbst beschrieben ihn als energiegeladen, aber auch ruhig und nachdenklich. Genauso gestaltete sich auch ihr Auftritt. Was mir hier sehr fehlte, war ein Bassist neben den zwei Gitarristen, dem Sänger und dem Schlagzeuger. Das würde ihrer Musik noch einmal eine ganz andere Note verleihen. Somit reichte es auch bei ihnen leider nicht für den Einzug ins Finale.