Juryblog 2. VORRUNDE 2016

Henning Lühr

Von Henning Lühr:

Hallo TalentVerstärker! Gefreut habe ich mich, am vergangenen Samstag wieder dabei sein zu können. Auch in dem Wissen darum, dass hier vor und auf der Bühne Bodenständigkeit im positiven Sinne, Talent und Spaß zusammen kommen. Ja, genau dieses Ding gefällt mir, dass sowohl junge Musiker, zu deren Selbstverständnis bestimmt auch Nonkonformismus und Subversion zählen, auf (vermutlich) in sich ruhende Musikschaffende treffen, die ihre Entscheidung für die Musik nicht (mehr) zwingend als Ausweg aus einem (vermeintlich) langweiligen „9 to 5“- Job begreifen. Und auch stilistisch und musikalisch groß war die Bandbreite dieses zweiten Vorausscheids. Einem Vorausscheid, im Anschluss dessen ich es wieder einmal bedauert habe, mich für einen einzigen Teilnehmer entscheiden zu müssen. Die Entscheidung für und wider den einzelnen Interpreten und Bands war dann nämlich keine alternativlose.

Letztendlich der Künstler, der alle Jurymitglieder einen konnte und dessen Auftritt der „rundeste“ war, war dann auch gleich der erste des Abends, Marcel Metzner. Seine kurzärmligen Sonnenuntergangs-Arrangements kamen sehr souverän. Marcel selber, gut aufgelegt an Gitarre und Mikrofon, wirkte auch allein so überhaupt nicht verloren auf der Bühne. Genauso wenig wie seine prima verschlurften Songs, wobei mir die die ersten, etwas forscheren Songs sogar besser gefallen haben, als die besinnlicheren, mit dem latenten Hang zur Belehrung. Aber es spricht ja auch nichts dagegen, sich von einem 24-jährigen auf etwas hinweisen zu lassen…

Und dann hieß es, the Fatman Strikes again. Sänger Fabian und Drummer Pogo haben bereits zwei Male am Contest teilgenommen, für Basser Denny war es die Premiere. Ich wünsche mir, dass sie nicht die Lust verlieren, denn nachdem ich (fürwahr nicht der ausgemachte Metal-Freund) die Handbremse gelöst und die genretypische dicke Hose nicht mehr so verbockt ernst genommen habe (was beides recht schnell vonstatten ging), hat mir das Set der drei Jungs richtig Spaß gemacht. Voll auf die Zwölf. Sehr angenehm war auch ihre Zurückhaltung was das oft so Metal-typische Gegniedel und Gezerre betraf. Wobei auch das natürlich Ansichtssache ist. Ich bin sicher, sie hätten auch auf der Factory-Bühne einen guten Eindruck hinterlassen.

Under Skin waren wohl die Überraschung des Abends, die sich dank eines recht deutlichen Publikums-Votings das Finalticket sichern konnte. Eine sehr sympathische wie verspielte Band, was sich in ihrem Fall auch gut ergänzte. Sie setzten nicht auf Wiederholungen und Riffs, sondern veränderten die Arrangements innerhalb eines Songs. Dazu eine Prise Jazzrock und eine deftige Kante Blues. Es ging also in die Prog-Rock-Richtung. Nicht das, was ich von 16- bis 18-jährigen so erwartet hätte. Für meinen Teil wünschte ich mir dennoch hier und da einen Chorus oder eine Hookline, so dass die Songs die Chance haben, sich länger im Ohr festzusetzen. Paulines Gesang war vielfältig, verlor hier und da für mein Dafürhalten etwas das Vertrauen in sich selbst, wahrscheinlich aber auch nur eine Frage der Zeit. Mal sehen, was da vielleicht schon bis zum Finale geht.

Irgendwie schien mir Vertrauen auch anfangs des Vortrages von Excuse for Reality zu fehlen. Insbesondere Sänger Guido fand selbiges jedoch von Song zu Song sicht- und hörbar wieder. Vielleicht passte das auch gut zum ersten, balladesken und recht glatten Song. Je mehr sie jedoch ihrem Gotic-Rock die Sporen gaben, wurde die ganze Sache wesentlich souveräner, stärker und straighter. Stilistisch hatten ihre abwechslungsreichen Songs einiges zu bieten, Guidos facettenreiche Stimme nicht weniger, bis auf die bereits erwähnte teilweise Zurückhaltung. Die Frage, was da bei der Band noch passiert wäre, hätten sie mehr Zeit gehabt, kann ich mir fürs erste leider noch nicht beantworten, hoffe aber, dass sich mir in Bälde einmal die Gelegenheit bietet.

Curly Wurly haben mir viel Freude bereitet. Nach Erzählungen der Altvorderen gab es vor langer Zeit einmal ein deutsches Pendant zum gleichnamigen britischen Schokoriegel namens Leckerschmecker. Dessen Werbeslogan lautete „Leckerschmecker schmeckt so lecker, weil Leckerschmecker länger schmeckt“. Da krieg ich dann auch gut die Kurve zu Alex und Ben. Die gefielen mir mit fortschreitender Dauer eben auch im besser. Sehr erfrischend empfand ich diese gewisse Sperrigkeit in ihren Songs und die starke Betonung des Rhythmus durch die Percussions, womit sich die Songs sich damit eben nicht so billig hingaben, nicht so einfach zu haben waren. Das Zusammenspiel der beiden fand ich dagegen noch nicht so konsequent harmonisch, wenn denn zum Beispiel Ben ein wenig zu forsch voran preschte und damit Alex hinter sich ließ. Die Interaktion mit dem Publikum war durchaus sympathisch, wobei bezüglich seiner Bekundungen hier weniger etwas mehr gewesen wäre, was Alex sicherlich anders sehen wird…

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